Joseph Haydn und Hainburg
„Burgknecht“ Caspar Haiden (manchmal auch als „Caspar Haid“ in den alten Protokollen) war Joseph Haydns
Urgroßvater. Die Urgroßmutter Elisabeth geborene Schaller (in manchen Biographien wird als ihr Name Schalck
angegeben) war eine Hainburger Bürgerstochter. „Bürger“ bedeutet, dass ihre Eltern in der Stadt ein Haus besaßen.
1657, im kalten Februar, wurden die beiden getraut. Die Familie Schaller oder Schalck dürfte in Hainburg
angesehen gewesen sein – denn unter den Trauzeugen waren zwei Stadträte (belegt durch den Titel „H.“=„Herr“).
Caspar Haiden war bei seiner Hochzeit noch nicht Hausbesitzer in Hainburg. Als „Burgknecht“ war er „Taglöhner“ –
und mit diesem Beruf findet man ihn üblicherweise in den Haydn-
Biographien. Tatsache ist aber, dass Caspar Haiden spätestens 1665 ein
eigenes Haus besaß und in den Häuserverzeichnissen der Stadt als „Hauer“
eingetragen war – die übliche Berufsbezeichnung für jemanden, der von
seinem Grund und Boden (Weingärten, Äcker usw.) lebte, also für Bauern
und Weinhauer. Caspar Haiden hat somit nach seiner Hochzeit hier als „Stadtbauer“ gelebt. 1683 besitzt Caspar
Haiden 2 Weingärten und 3 Gärten. Sein Haus (auf einem großen Grundstück erbaut) war unterkellert, im Hof gab
es
Wirtschaftsgebäude und sogar einen Brunnen, und zum Grundstück gehörte noch ein gleich dahinter liegender
Garten. Es war das klassische Haus eines Stadtbauern, der Vieh hatte, Vorratshaltung betrieb und Wein
aufbereitete. Dieses Haus ist leider nicht erhalten geblieben; auf dem Grundstück (Hauergasse 35) steht heute ein
moderner Wohnblock.
oder
eine wenig bekannte
Beziehungsgeschichte
1.Teil: JOSEPH HAYDNS HAINBURGER VORFAHREN
Viele Biographen haben sich mit dem Phänomen Joseph Haydn auseinandergesetzt – kaum einer geht weiter zurück als bis Rohrau. Daher ist kaum
bekannt, dass in der Ahnenreihe dieses Musikgenies eine große Portion Hainburger Gene steckt. Auf der väterlichen Seite sind Urgroßmutter, Großvater
und Großmutter eindeutig „Hiesige“ – nur der Urgroßvater war ein „Auswärtiger“, der aber schon als junger Mann nach Hainburg geheiratet hat.
Auszug aus dem Trauungsverzeichnis der Pfarre Hainburg von 1657 (heute nicht mehr erhalten)
1683 war das Schicksalsjahr des alten Hainburg. Im Zuge der zweiten Türkenbelagerung wurde die Stadt nach zweitätiger Belagerung von der tatarischen
Vorhut des türkischen Heeres eingenommen und niedergebrannt. Dabei kamen in der Stadt mehrere Tausend Einwohner und Flüchtlinge aus der
Umgebung ums Leben – darunter das Ehepaar Caspar und Elisabeth Haiden. Unter den ca. hundert überlebenden Einwohnern von Hainburg war Caspar
Haidens damals 20-jähriger Sohn Thomas, ein Wagnergeselle, Joseph Haydens Hainburger Großvater. Sein 15-jähriger Bruder
Hans wurde in die Türkei verschleppt und kehrte nie mehr heim. So bleiben Thomas und seine verheiratete Schwester Magdalena (die wahrscheinlich
nicht in Hainburg lebte) als einzige Erben der Familie Haiden übrig.
Thomas Hayden ist der erste aus der Familie, der sich regelmäßig mit „y“ schreibt, aber meist noch mit „en“ als
Endung. Der junge Wagnergeselle profitiert beruflich vom Türkenkrieg. 1683 gab es in Hainburg drei Wagnermeister
– aber alle drei starben beim Türkeneinfall, wahrscheinlich mit ihren Familien. Jedenfalls blieb die Stadt danach drei
Jahre lang ohne Wagnerbetrieb. Das war die Chance für Thomas Hayden und einen zweiten Wagnergesellen. Die
beiden ersuchten 1686 die Stadt um Intervention aufgrund der besonderen Notlage – dass sie, obwohl noch nicht
offiziell „freigesprochen“, die frei gewordenen Gewerbe übernehmen und hier Meisterbetriebe eröffnen dürfen. Ihr
Ansuchen hat Erfolg (was vermuten lässt, dass beide schon vor dem Krieg als Gesellen bei Wagnermeistern in
Hainburg arbeiteten). Thomas Hayden heiratet 1687, noch als „Wagnergeselle“. 1688 wird er Bürger der Stadt. Zu
diesem Zeitpunkt ist er also mit Sicherheit großjährig und Hausbesitzer im Nahbereich des großen westlichen
Stadttores (Wienertor), wo er als Wagnermeister sehr erfolgreich sein wird.
Aus dem Trauungsverzeichnis der Pfarre von 1687 (heute ist nur mehr das Register davon erhalten).
Ob Joseph Haydns Großmutter Catharina Blaiminger schon vor dem Türkenkrieg in Hainburg lebte,
oder ob sich die Familie erst danach hier angesiedelt hat, kann nicht mehr festgestellt werden. Anton Blaiminger wird
nicht als „Bürger“ bezeichnet, ist also ein Einwohner ohne eigenes Haus. In den Häuserverzeichnissen vor 1683
kommt der Name Blaiminger nicht vor. Dass sie keine „Bürger-Familie“ waren, schließt aber nicht aus, dass sie
schon vor 1683 hier lebten – denn über Einwohner ohne Grundbesitz gibt es kein Verzeichnis.
Thomas und Catharina Hayden haben miteinander 7 Kinder und führen einen gut florierenden
Wagnermeisterbetrieb. Thomas Hayden steigt in Hainburg die Karriereleiter hinauf, wird Ratsmitglied und ein
wichtiger Mann in der Stadt. Das Haus von Joseph Haydns Großeltern – Wienerstraße Nr. 7 – ist noch erhalten,
wenn auch äußerlich sehr verändert. Es war unterkellert und vermutlich auch damals schon einstöckig,
wahrscheinlich mit einem Schindel-Dach. In diesem Haus (das durch eine alte Gedenktafel gekennzeichnet ist)
wurde als 6. Kind aus der Ehe von Thomas und Katharina Hayden Mathias, Joseph Haydns Vater, geboren.
Schon zwei Jahre nach seiner Geburt stirbt Thomas Hayden, Wagnermeister und Innerer Rat der Stadt. Die Witwe
Catharina heiratet in zweiter Ehe den Wagnergesellen Mathias Seefranz. Mit ihm hat sie noch weitere 4 Kinder. Das
letzte davon ist die Tochter Juliana Rosina. Diese Halbschwester von Joseph Haydns Vater wird
1733 Ehefrau des neuen Schulrektors und Regens Chori von Hainburg, Johann Mathias
Franck, später Joseph Haydns Lehrer
Joseph Haydns Vater Mathias Haydn wurde in Hainburg geboren und getauft.
Das
eindrucksvolle
Taufbecken
aus
der
mittelalterlichen
Martinskirche
,
in
dem
Thomas
und
Mathias
Haydn
getauft
wurden,
ist
noch
immer
als
Taufbecken
für
die
Christen
der
Stadt
in
Verwendung;
es
steht
in
der
Stadtpfarrkirche
beim
südlichen Seitenaltar
Mathias
Haydn
verbrachte
in
Hainburgs
Wienerstraße
seine
Kindheit
und
Jugend
–
lernte
hier
von
seinem
Stiefvater
Seefranz
den
Wagnerberuf.
Dass
ihn
seine
Ehe
später
nach
Rohrau
verschlug,
war
eigentlich
nur
ein
Zufall
und
eine
Nachlässigkeit
der
Hainburger
Mädchen.
Aber
auch
als
Wagnermeister
in
Rohrau
blieb
Mathias
Haydn
ein
Teil
von
Hainburg
–
denn
die
Rohrauer
Wagner
gehörten
zur
Hainburger
Wagnerzunft.
Das
bedeutet:
bei
allen
Innungsversammlungen
sowie
an
allen
hohen
Festtagen,
ganz
besonders
aber
zum
Fest
Fronleichnam,
wenn
alle
Zünfte
mit
ihren Fahnen bei der großen Prozession mitmarschierten, war Joseph Haydns Vater in Hainburg dabei (vielleicht mit seiner Familie).
Dieses
Kopfstein-
pflaster
war
früher
auf
allen
Straßen
der
Stadt
Hainburg
zu
sehen.
Heute
finden
sich
nur
mehr
kleine
Reste
davon
(
z.
B.
im
Hof
des
„alten
Bräuhauses“
in
der
Ungarstraße).